Bankgeheimnisse der pikanten Art
Laut eines Sprichworts liegt die Würze bekanntlich in der Kürze, und das trifft auf die Drabbles rund um die „Bankzweigstelle West“ definitiv zu. In jeweils 100 Wörtern erzählt Ella Stein 52 Episoden aus der fiktiven Bankfiliale, in denen es durchaus auch mal ‚spicy‘ zur Sache geht.
Mit dem Klischee langweiliger Rechenspiele hat die titelgebende „Bankzweigstelle West“ wahrlich nichts zu tun. Unter dem Motto „Das Leben ist ein Dauerauftrag“ dreht sich erstaunlich wenig ausschließlich um schnöde Zahlen oder trockene Bilanzen. Die Belegschaft verbringt stattdessen einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit damit, interne Abläufe und zwischenmenschliche Beziehungen (vermeintlich) zu optimieren beziehungsweise zu vertiefen, wobei die ganz persönliche Work-Life-Balance auf gar keinen Fall aus dem Gleichgewicht geraten darf. Dass das nicht immer reibungslos klappt, sollte nicht überraschen.
Pikante Details
Schließlich ist jede Form der Doppelbelastung eine besondere Herausforderung, sei es nun die außereheliche Affäre oder der nicht angemeldete Nebenjob. In jedem Fall werden eher früher als später gleichermaßen interessante wie pikante Geheimnisse gelüftet, mit denen längst nicht alle Mitarbeitenden gerechnet haben …
Worauf man sich allerdings verlassen kann, ist die humorvoll doppeldeutige Art, mit der Ella Stein aus der „Bankzweigstelle West“ berichtet. Mal zieht sie den roten Faden eines Gags stringent durch, mal teilt sie mit beißender Satire aus, und immer wieder gelingen ihr Überraschungen – eine Qualität, die sie auch schon mit der Kurzgeschichte „Geburtstagsparty für Max“ (als E-Book erhältlich auf Amazon) eindrucksvoll unter Beweis stellte. Kein Zweifel: Ella Stein beherrscht die Kunst, innerhalb von wenigen Zeilen gekonnt falsche Fährten zu legen, die kurz darauf in einer völlig unerwarteten Auflösung aufgehen.
Auge fürs Detail
Grundlage der Anekdoten sind neben der lebendigen Fantasie der Autorin unter anderem auch eigene berufliche Erfahrungen, vor allem aber eine beeindruckend detailverliebte Beobachtungsgabe. Doch auch der Zufall hilft kräftig mit, denn die ersten Kurzgeschichten aus der „Bankzweigstelle West“ gelangten zunächst eher spontan auf Instagram an die Öffentlichkeit.
Schnell lockten die amüsanten Episoden zahlreiche Fans an und sorgten auch bei Lesungen stets für herzhafte Lacher und ausgelassene Stimmung. So wurde aus einer spontanen Idee schon bald eine umfangreiche Serie, deren Suchtpotenzial sich ähnlich rasant steigerte wie das gelegentlich thematisierte -verhalten der fiktiven Bankbelegschaft.
Pointiert illustriert
Das gesammelte Material bündelte Ella Stein nun zu einem unterhaltsamen Buch, das zudem mit pointierten und prägnanten Bebilderungen aufwarten kann. Hier wird die österreichische Autorin vom Münchener Illustrator Alexander Steinberger unterstützt, der den ganz besonderen Humor gekonnt visuell in Szene setzt.
So eignet sich das als limitierte Erstauflage frisch veröffentlichte Werk auch ganz hervorragend als Weihnachtsgeschenk für alle, die schon mal mit einer Bank zu tun hatten. Schließlich lässt sich ein Drabble auch wunderbar zwischendurch lesen, wenn man mal wieder in der Warteschleife des eigenen Kreditinstitut hängend feststellt, dass so manche Absurdität der „Bankzweigstelle West“ offenbar doch gar nicht so weit hergeholt ist, wie man dachte …