Stehenbleiben – Zurückschauen – Weiterentwickeln

4. März 2024 • 12:40 Uhr

Mit dem Erwachen des Frühlings kommt auch eine Zeit der Erneuerung und Inspiration. Die Natur blüht auf und wir Menschen spüren einen frischen Wind in uns. Als Schriftstellerin fühle ich mich von dieser Zeit des Übergangs besonders angezogen. Anstatt des Jahreswechsels ist der Frühling für mich die eigentliche Schwelle vom Vergangenen hin zu neuen Abenteuern.

In den letzten Wochen habe ich mir viele Gedanken über das Schreiben und über mich als Autorin gemacht. Ich habe alles, was im Zusammenhang mit diesem Teil meines Lebens steht, hinterfragt, in Listen gequetscht, bewertet, sortiert, und mir schließlich die Frage gestellt: Wo stehe ich und wo will ich hin?

Eine erfolgreiche Bestsellerautorin sagte vor einiger Zeit zu mir: „Man beginnt zu schreiben … ohne Plan und Ziel, einfach weil es Spaß macht … aber irgendwann will man mehr.“

Beim Schreiben geht es oft darum, eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen, und deren Anspruch in den Fokus zu rücken. Das beginnt bei der Ideenfindung und mit der Auseinandersetzung, ob die Geschichte im Moment gelesen/gekauft wird. Es geht damit weiter sich zu fragen, welche Figuren vorkommen sollen/dürfen, wie das Cover aussehen muss, damit es auf den Plattformen binnen weniger Sekunden zum Kauf anregt. Denn eines ist klar: Wenn man Romane und Geschichten veröffentlicht, wünscht man sich auch Leser*innen!

Lautet mein Ziel demnach, möglichst viele Leserinnen und Leser für meine Bücher zu gewinnen?

Um diese Frage (Spoiler: mit nein) zu beantworten, musste ich stehenbleiben und zurückblicken: Ich sah der früheren Ella Stein dabei zu, wie sie ihre allererste Roman-Rohfassung (Mimis Welt – Die Sache mit dir) tippte. Ich fühlte mich in sie hinein und spürte, was sie antrieb, als sie vor ihrem Laptop saß und schrieb. Ich versuchte, die Zeit, die zwischen damals und jetzt liegt, zu überbrücken, und mich in die Ziele dieser „frühen“ Ella Stein hineinzuversetzen. Warum hat sie mit dem Schreiben angefangen? Wie ging es ihr damit? Woher nahm sie die Energie und was motivierte sie?

Schnell war klar, dass damals weder ein marktkonformes Coverdesign noch die richtige Wahl der Schriftart für den Buchsatz eine Rolle spielten. Nicht einmal die Zielgruppe war definiert (ist sie bis heute nicht, aber das würde ich natürlich niemals laut sagen :-)), geschweige denn wurden deren Erwartungen berücksichtigt. Im Vordergrund stand schlichtweg das Schreiben, das Erzählen dieser Geschichte, die sich im Gehirn festgesetzt hatte und nicht mehr fortgehen wollte.

Dieses Zurückschauen hat für ein Bewusstsein gesorgt, das mir in der Gegenwart hilft, mich nicht zu verrennen: Für mich war und ist das Schreiben nicht nur ein Handwerk, sondern kreative Ausdrucksform, die von meinen Ideen, Gefühlen und Gedanken geleitet wird. Wenn ich schreibe, möchte ich authentisch sein. 

Es ist zweifellos wichtig, die Bedürfnisse eines Publikums zu verstehen und darauf einzugehen. Doch manchmal kann diese Fokussierung auf die Zielgruppe dazu führen, dass sie die eigene Kreativität verwässert. 

Indem ich mich darauf konzentriere, was ich erzählen will, fallen sämtliche Beschränkungen weg. Ich lasse meiner Fantasie freien Lauf und experimentiere mit Themen, die mich interessieren. Auf diese Weise entstehen Werke, die nicht nur von mir geschrieben sind, sondern auch ein Stück von mir selbst enthalten.

Natürlich bedeutet das nicht, dass meine Texte keine Leser*innen finden sollen oder werden. Im Gegenteil, ich glaube fest daran, dass echte Authentizität die Menschen anspricht. Leser*innen verdienen das Beste, das wir zu bieten haben, gerade wenn es neue Ansätze verfolgt und zuweilen von der Norm abweicht. Auch das ist eine Form der Weiterentwicklung, die wir als geduldige Autor*innen, die die Verkaufszahlen nicht an erste Stelle auf der Prioritätenliste setzen, fördern können.  

Der Frühling erinnert uns daran, dass Veränderung und Wachstum möglich sind. Eine Weiterentwicklung gelingt mir, indem ich regelmäßig innehalte, auf die Anfänge meiner schriftstellerischen Tätigkeit zurückschaue und mich von den Gefühlen dieser spannenden Zeit – der Freude, der Kraft, der Ungewissheiten, dem Feuer, der Neugierde – stärken lasse. Das hilft mir dabei, mich in meiner Kreativität nicht beschränken zu lassen und auf meinem Weg zu bleiben.