Autor: Ein einsamer Beruf?

15. April 2022 • 8:37 Uhr

Allein sitzt er in seiner Kammer, im dämmrigen Schein der antiken Schreibtischlampe, und klopft die Worte in die Schreibmaschine. Er ist eine Marionette seiner Figuren, zugleich freigeistig und übersprudelnd vor Ideen, die er in sein neuestes Werk gießt. Wie ein Maler vor der Leinwand braucht er Ruhe und die für Außenstehende erdrückend wirkende Einsamkeit, damit er, der Autor, sich vollkommen entfalten kann. 

So ähnlich fühlt es sich für mich an, wenn ich die ersten Sätze für einen neuen Roman oder eine frische Kurzgeschichte tippe. Nur, dass ich dazu nicht vor einer Schreibmaschine sitze, sondern vor dem Computer. Und es ist auch nicht der Schein einer alten Schreibtischlampe, der mich umgibt, sondern die indirekte Beleuchtung, die mein Mann unbedingt für unser Wohnzimmer haben wollte. 

Die Zeile »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne« aus dem Gedicht »Stufen« von Hermann Hesse ist nicht umsonst so bekannt. Ich genieße diesen Aufbruch in ein neues Abenteuer, die Zeit, in denen ich die frisch ausgedachten Charaktere kennenlerne, ihnen Namen gebe, ihnen Angewohnheiten, ein persönliches Werteverständnis, oder eine Neurose verpasse. Alles ist offen, ich fühle mich vollkommen frei. 

Wie lange hält diese Freiheit an? Leider nur so lange, bis sich die Figuren gemäß ihren zugewiesenen Eigenschaften verhalten müssen, in tiefe Höhlen stürzen, in denen sie gegen schreckliche Antagonisten zu kämpfen haben, ohne die wesentlichen Charakterzüge zu verlieren, und am Ende gestärkt oder zumindest erleuchtet aus meinem Buch hinausgehen sollen. Denn je weiter eine Geschichte voranschreitet, desto enger wird das Korsett, das man zuvor selbst angelegt hat. Mit jeder Seite mehr besteht eine erhöhte Gefahr, Logikfehler einzubauen, die einem schlimmstenfalls am Ende den gesamten Spannungsbogen zerstören. 

Daher setze ich schon während des Schreibprozesses auf die Hilfe eines sehr kleinen Kreises an sogenannten Mitwissern, die immer wieder Portionen des aktuellen Schreibprojekts zwischenlesen. Das hat nicht nur den Vorteil, dass das Risiko, sich zu verrennen, sinkt. Diese besonderen Menschen kennen meinen Stil, meinen Anspruch und vor allem kennen sie mich. Gerate ich im Laufe des Schreibens ins Stocken, stehen sie mit Ideen und Tipps zur Seite, die man in keinem Buch über das Handwerkszeug für Autoren findet. Und das ist wertvoll. 

Selbstverständlich handelt es sich hierbei um Personen, denen ich zu 100 Prozent vertraue, denn es gibt kaum etwas Intimeres als das Schreiben einer Rohfassung. Das, was der Leser am Ende erhält, ist eine zig-fach überarbeitete Version eines Seelenwerks. 

Diese Beratergruppe ist daher überschaubar. Ich zähle hier auf meine Mama, die begeisterte Vielleserin und selbst im kreativen Bereich tätig ist. Außerdem schätze ich den professionellen und zugleich gefühlvollen Umgang mit der Kunst des Schreibens, den die talentierte Autorin Monika Lüthi lebt. Seit unseren Debütromanen verbindet uns ein zwangloser und fruchtbringender Austausch, den ich nicht mehr missen möchte. Wir könnten unterschiedlicher nicht sein. Das öffnet den Blick und lässt uns voneinander profitieren. Fallweise tausche ich mich bereits während des Schreibens mit Profis aus, deren Sachverstand nützlich ist. Je nach Schreibprojekt sind das beispielsweise Psychologen, Polizisten, Gastronomen und andere Vertreter bestimmter Berufsgruppen. Nicht zuletzt ist mein Schreibpartner Tom U. Behrens eine tragende Säule im Entstehungsprozess meiner Bücher. 

Und wie gehts weiter? Über die Vorteile des Austauschs mit anderen Autoren zwischen Veröffentlichungsvorbereitung und tatsächlichem Erscheinungstermin erzählt meine Autorenfreundin Monika Lüthi in ihrem aktuellen Blogbeitrag