Schreibmethoden, die Energie freisetzen

16. Mai 2023 • 9:46 Uhr

Es gibt kaum einen Autor, der Folgendes nicht kennt: den Durchhänger, die Zwangspause, die Schreibblockade.

Auch ich schlittere regelmäßig in Phasen, die mir das Vorankommen erschweren. Das Bedauerliche daran ist, dass sie an keinen konkreten und damit vorhersehbaren Auslöser geknüpft sind. Man schreibt so vor sich hin und hat das Gefühl, dass es gut läuft. Man ist mitten in der Geschichte, das Manuskript wächst und dann passiert es von heute auf morgen, dass man den Zugang verliert. Von da an ist das Schreiben mit Mühe verbunden und die Hemmschwelle, sich überhaupt an den Schreibtisch zu setzen, wächst von Tag zu Tag an.

Nach einigen Jahren (ernstzunehmender) Schreiberfahrung und nach dem Verfassen von mittlerweile 4,5 Romanen (3 davon veröffentlicht) habe ich damit angefangen, Methoden auszuprobieren, um dieser negativen Entwicklung entgegenzuwirken. Drei davon stelle ich euch vor, eine davon (3. Non-Zero-Days) möchte ich euch wirklich ans Herz legen:

1. Wochenplanung

Meine Tage sind zum Teil fremdbestimmt. Ich versuche, mindestens 3 Vormittage pro Woche freizuhalten, um mich nur dem Schreiben zu widmen. An den anderen beiden Wochentagen kümmere ich mich um die Vermarktung meiner Bücher, um die Vorbereitung meiner Lehreinheiten als selbständige Trainerin in der Erwachsenenbildung und organisiere Privates (Haushalt, Einkauf, Familienplanungen). Die Wochenenden gehören, genauso wie die Nachmittage, der Familie. Das bedeutet aber nicht, dass ich an diesen Tagen nicht schreibe – siehe Punkt 3.

2. Die 20-30-40-60-Methode

An Vormittagen, die nur dem Schreiben vorbehalten sind, verspüre ich oft den inneren Druck, so produktiv wie möglich zu sein. Die Erfahrung zeigte, dass Produktivität nicht unbedingt mit der zur Verfügung stehenden Zeit zusammenhängt. Bei mir ist oft das Gegenteil der Fall: Je mehr Zeit zur Verfügung steht, desto schwerer fällt es mir, sie zu nützen. Daher habe ich mir eine Eieruhr gekauft (Handy liegt stumm in der Schreibtischschublade), mit der ich die 20-30-40-60-Methode praktiziere. 

Ich schreibe über den Vormittag verteilt 20, 30, 40 und 60 Minuten konzentriert und ohne Unterbrechung. Die Reihenfolge der Einheiten muss dabei nicht eingehalten werden. Wenn ich das Gefühl habe, vor Ideen überzusprudeln, starte ich direkt mit 60 Minuten. Oft wähle ich für den Beginn meines Schreibvormittags eine Zeitspanne in der Mitte. Überraschenderweise ist die Zeit immer viel zu schnell um. Diese Methode hat bei mir den Effekt, dass ich in den zusammengerechnet 2,5 Stunden viel mehr zu Papier bringe, als in 5 Stunden, die ich ohne Plan vor dem Computer sitze.

3. Non-Zero-Days

Diese Methode entdeckte ich zufällig beim Autorenkollegen Toni P. Staski, der diese in einem Beitrag auf Instagram vorstellt. Er überarbeitete damit sein Manuskript, sie lässt sich aber natürlich auch beim Verfassen von Texten anwenden. Auch beim Lernen großer Stoffmengen (wie bspw. auf der Uni) ist die Anwendung sinnvoll. Ich wünschte, ich hätte es schon früher ausprobiert. Und ich lege euch die Non-Zero-Days wirklich ans Herz!

Zusammengefasst verlangt das Konzept nach Konsequenz. Das bedeutet für Autoren: Schreib jeden Tag! Egal wie viel, egal wie lang, schreib einfach.

Ich wende diese Methode nun seit exakt einem Monat an und bin restlos überzeugt. Die Vorteile:

  • Jeden Tag kommt man seinem Ziel ein bisschen näher.
  • Man behält das Ziel im Auge.
  • Die Ziele werden leichter erreichbar.
  • Der innerliche Stress wird vermindert.
  • Man wechselt den Modus: von passiv auf aktiv.
  • Durch diese Methode bauen sich positive Gewohnheiten auf.
  • Mit kleinen Schritten werden große Aufgaben erfüllt. Das mindert die Versagensangst und wirkt ungemein motivierend.

Ohne diese Methode hätte ich in den letzten Wochen (aufgrund äußerer Umstände) vermutlich gar nicht geschrieben. Mit der selbstauferlegten Verpflichtung, jeden Tag zumindest ein bisschen zu schreiben, gelang es mir vor kurzem, die 30k-Schwelle bei meinem aktuellen Krimi-Schreibprojekt zu überschreiten. Es gibt Tage, an denen ich keine 200 Wörter zu Papier bringe, und welche, an denen es deutlich besser läuft. Doch die „nur“ 200 Wörter sind 200 Wörter mehr als 0. So nähere ich mich meinem Ziel, der Fertigstellung der Rohfassung von (Arbeitstitel:) Sibelius Lange langsam, schrittweise, aber sicher!

Natürlich gibt es noch zahlreiche weitere Möglichkeiten, in den kreativen Fluss zu kommen, im Schreibfluss zu bleiben und positive Energie (zum Schreiben und zum Leben) zu tanken. Zu nennen sind etwa der oft rettende Wechsel des Schreiborts, wohlverdiente Pausen, der Austausch mit Kollegen und Freunden, das regelmäßige Schreiben von »Morgenseiten« oder – wie eine Bekannte von mir vor kurzem für sich entdeckt hat – der »Miracle Morning« nach dem gleichlautenden Buch von Hal Elrod. 

Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren!